Page 9 - KOMPASS Freising 2022
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Die große Liebe – und ein Fünkchen Hass
 Zu unserem Partner sind wir manchmal be- sonders fies. Aber weshalb ist das so? Und wann wird es mit den Gemeinheiten zu viel?
Was sich liebt, das neckt sich, heißt es. Und egal, wie gut eine Beziehung läuft – ein Streit kommt in den besten Familien vor. Aber auch, wenn wir schlechte Laune haben oder morgens mit dem falschen Fuß aufgestanden sind, bekommt das unser Partner oft besonders zu spüren: Wir wer- den zickig, mürrisch und manchmal auch richtig fies. So fies, wie wir zu Freunden, Kolleginnen oder Bekannten nie sein würden. Aber warum ist das so? „In einer Beziehung geht es um Nähe und je näher wir uns jemandem fühlen, desto stärker ist auch die Emotionalität“, erklärt der Stuttgarter Diplom-Psychologe und Paartherapeut Oliviero Lombardi. Das gelte für positive wie negative Gefühle. Denn Menschen, die wir lieben und die uns besonders nahestehen, bringen wir nicht nur mehr Zuneigung entgegen. Sie kennen auch un- sere Schwächen und können uns leichter verlet- zen als andere. Außerdem verbringen wir mit dem Partner meist mehr Zeit als mit Freunden oder Be- kannten. Entsprechend ist es auch nicht schwer, zu diesen Menschen immer nett zu sein. Um ei- nen Menschen anzuschreien, Türen zuzuknallen
oder den anderen etwa als blödes Arschloch zu bezeichnen, muss er uns in der Regel schon ziem- lich wichtig sein.
Falsche Erwartungen
Viele Beziehungen sind aber auch von einer falschen Erwartungshaltung geprägt. Von Er- wartungen, die der Partner entweder nicht er- füllen kann oder will. „Wenn ihre Erwartungen enttäuscht werden, reagieren Menschen unge- halten, anstatt zu erkennen, dass der Partner sich vielleicht nie zu etwas verpflichtet hat“, erklärt Lombardi. Im Übrigen sei der Partner nicht dazu da, den anderen glücklich zu machen, betont der Psychologe. „Glücklich wird man nur durch sich selbst, nie durch den Partner.“ Auch wenn es in ei- ner Beziehung Streit gibt, sehen viele Menschen die Verantwortung dafür beim Partner, nicht bei sich selbst. Man selbst hält sich für ganz normal, nur der oder die Liebste scheint ein Problem zu haben. „Viele Menschen haben die Einstellung ‚Ich bin okay, Du bist nicht okay‘ und das führt
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